Wir mieten ein Boot und suchen uns versteckte Buchten
von Klaus Vick
Es gibt so etwas wie ein emotionales Schlüsselerlebnis, das die Liebe Thomas Waldschmidts zu Sardinien begründet. Die Geschichte dazu aus dem Jahre 1990 nahm nicht unbedingt einen positiven Anfang. Im Gegenteil: Thomas Waldschmidt war von der strapaziösen Anreise auf die Insel per Auto und Fähre genervt. „Ich habe es verflucht und mir gesagt: Ich fahre nie wieder hierher.“
Seitdem war er eigentlich nie mehr richtig weg. Denn am nächsten Morgen öffnete Thomas Waldschmidt die Tür des Ferienhauses, das er und seine Freunde gemietet hatten, und war beeindruckt von der Kulisse: „Mein Mund stand offen. Ich sah den sonnendurchfluteten Strand der Costa Rei und wusste: Ich habe Lust, hier etwas zu machen“, erinnert sich der Gründer von „sardinienhaus.com“, aus dem später dann Tisenti wurde. Es war Liebe auf den zweiten Blick.
Dass aus diesem überschwänglichen Jugendtraum zehn Jahre später tatsächlich Realität werden sollte, konnte der gebürtige Frankfurter damals noch nicht ahnen. Thomas Waldschmidt hat es geschafft, Beruf und Berufung zu vereinen. Und heute – im Jahre 2014 – kann er mit einem gewinnenden Lächeln erzählen: „Ich bin immer noch stolz wie Oskar, Leuten die Insel zu zeigen.“ Es sei das Schönste für ihn zu sagen: „Wir mieten uns ein Boot und suchen uns versteckte Buchten.“
Sardinien sei eine Insel, die extreme Emotionen provoziere. Und nicht nur bei ihm. Thomas Waldschmidt hat im Laufe der Jahre viele Gäste kennengelernt, die diese Begeisterung teilen. Die Kombination aus intakter Natur und karibisch anmutenden Stränden bewirke die Faszination. „Und zwar in einer geographischen Nähe zu Mitteleuropa, die man nicht vermuten würde“, meint der 44-jährige Unternehmer. Für ihn ist es inzwischen der vertraute Charme einer anderen Welt. Mindestens zwei Monate im Jahr verbringt er zur Kontaktpflege auf Sardinien.
Thomas Waldschmidt hat in Wien BWL studiert und jobbte von 1995 bis 1997 jeweils den Sommer über auf der Insel. Er arbeitete bei einer Serviceagentur, knüpfte Kontakte und erkannte, was Mietern von Ferienhäusern wichtig ist. Kurzum: Er legte die Basis für die Gründung seines damaligen Unternehmens.
Ab 1998 wurde die Idee konkret. Weitere zwei Jahre Vorarbeit waren notwendig. Pünktlich zur Saison 2000 hatte der Wahl-Münchner dann ein Programm für 40 Häuser zusammen. „sardinienhaus.com“ war geboren. Heute weiß Thomas Waldschmidt: „Ohne die dreijährige Arbeit vor Ort wäre das nicht möglich gewesen.“ Heute hat “sardinienhaus.com” rund 60 Häuser im Angebot. Die Plattform ist also nicht exorbitant gewachsen. Waldschmidt wollte das auch nie. Die Nähe zum Kunden, Kontinuität und Qualität der Beratung und der ausgesuchten Häuser waren ihm wichtiger. Aus diesem Grunde hat er 2011 beschlossen, das operative Geschäft der reinen Hausvermittlung zu verlassen und diese Aufgaben in die Hände anderer zu legen. Er selbst berät heute Kunden im Hinblick auf die optimale Auswahl eines Ferienhauses. „Ohne die Fesseln der Bürokratie, die das Betreiben einer Ferienhausvermittlung mit sich bringt, kann ich heute meinen Fokus noch gezielter auf die Entwicklungen im Ferienhausmarkt auf Sardinien und die Bedürfnisse der Urlauber richten“, sagt er und wirkt dabei sehr entspannt.
Und es ist der Zauber der Natur, der seinen Unternehmergeist nach wie vor beflügelt. Für ihn steht fest, dass 1990 bei der ersten Reise auf die Insel der emotionale Startschuss für seine berufliche Karriere gefallen ist. Verflucht hat er Sardinien jedenfalls nie wieder. Sardinien ist der Segen seines Lebens geworden. Freunde fürs Leben
Klaus Vick ist freier Autor und lebt in München .
Eine unvergessene Sommernacht an der Costa Rei
Reisen bildet, sagt man. Reisen erweitert den Horizont, und auf Reisen kann man auch Freunde fürs Leben kennenlernen. So wie Thomas Waldschmidt. Er hatte im Jahre 2001 ein Haus an der Costa Rei an ein Musiker- Pärchen vermietet. Manuel, ein Gitarrist aus München, und Jane, eine Schweizer Sängerin, heirateten in Muravera auf Sardinien. Thomas lud das Duo während ihres Aufenthalts auf ein sardisches Grillfest ein – nicht, ohne vorher zu erwähnen: „Gitarre bitte nicht vergessen.“ Manuel und Jane kamen, hatten weitere Freunde mit dabei und gaben spontan ein Konzert. Es wurde ein rauschendes Fest bis in die frühen Morgenstunden. Irgendwann – es war schon sehr spät – nahm der Gastgeber Thomas beiseite und flüsterte ihm zu: „Thomas, wir haben bald keinen Wein mehr.“
Der Vater von „sardinienhaus.com“ lächelt verschmitzt, wenn er diese Geschichte erzählt. Denn es sei das erste und einzige Mal in seinem Leben gewesen, dass ein Sarde ihm gesagt habe, es gebe keinen Wein mehr. Vermutlich ist es so, als ob auf dem Oktoberfest das Bier ausgehen würde.
Den Kontakt zu Manuel und Jane hat Thomas seither nicht mehr verloren und eine Freundschaft aufgebaut. Das Musiker-Duo hat zum Beispiel das Lied für sein Video auf der Homepage von „sardinienhaus.com“ geschrieben und gesungen. Und sie kommen auch immer wieder gerne auf die Insel.Zu vielen Sarden pflegt Thomas mittlerweile ebenfalls eine herzliche Beziehung. „Die Sarden sind schwer zu knacken“, sagt er. „Aber wenn du sie geknackt hast, hast du Freunde fürs Leben.“ Der Rückhalt in der Bevölkerung sei enorm. Er kenne „viele liebe Leute“.
Ein Umstand, der es ihm erleichtert, heute Urlauber und Vermieter gleichermaßen zu beraten. Die Vertrauensbasis zu den Hauseigentümern sei grundlegende Voraussetzung für den Erfolg einer Ferienhausagentur. Denn das Geschäft mit dem Urlaub ist ein sensibles Terrain. Feriengäste wollen natürlich Erholung und alles andere als Ärger. Thomas hat im Laufe der Jahre gelernt, dass schon kleine Dinge den Urlaubtorpedieren können. Drei Komponenten müssten passen: „Bad, Betten, wenig Lärm.“Die Freundschaft zu Manuel und Jane gipfelte übrigens darin, dass Thomas zusammen mit den beiden Musik-Profis im April 2011 ein Konzert gab. Der Unternehmer singt in seiner Freizeit leidenschaftlich gern. Und dieser Abend im Münchner Rationaltheater wird ihm unvergessen bleiben. Genauso wie jene Sommernacht im Jahre 2001 an der Costa Rei, als es beinahe keinen Wein mehr gegeben hätte . . .
Klaus Vick ist freier Autor und lebt in München.